120‘800 bedürftigen Kindern und Erwachsenen in Osteuropa hat im vergangenen Jahr ein Weihnachtspäckli aus der Schweiz greifbare Hilfe und Hoffnung vermittelt – davon rund 900 aus Kerzers, Müntschemier und der Umgebung.
Der Krieg in der Ukraine hat die wirtschaftliche Misere in Osteuropa verschärft und drängte viele weitere Bewohner an den Rand des Existenzminimums. Weihnachtspäckli aus der Schweiz als Zeichen der Anteilnahme und Wertschätzung sind Aufsteller im trüben Alltag. Die Freude über die Nahrungsmittel, Süssigkeiten, Hygieneprodukte, Schul- und Spielsachen ist riesengross.
Auch dieses Jahr wird die Sammlung in Kerzers vom 15. bis 18. November wiederum vom Evangelischen Gemeinschaftswerk EGW und der Evangelisch-reformierten Kirchgemeinde organisiert. Beim Coop, Spar oder Migros werden einzelne Artikel für die Päckli oder gleich ganze Päckli zu folgenden Zeiten entgegengenommen: Freitag, 17. November von 16 bis 19 Uhr und am Samstag, 18. November von 8 bis 12 Uhr. Am Mittwoch, 15. November ist von 16:30 bis 19 Uhr die Materialabgabe auch im Kafi 8 (Kreuzgasse 8 beim Entenweiher) möglich – gegen einen Gratis-Kaffee. Alles Material wird dort zu Weihnachtspäckli verarbeitet. In Müntschemier steht vom 10. bis 16. November beim VOLG ein Wägeli bereit, in das Artikel gelegt werden können. Am 17. November können von 16 bis 18 Uhr ganze Päckli im Vereinshaus an der Neuengasse abgegeben werden. Auch in Ried, Ins, Murten, Aarberg usw. sind in diesen Wochen viele Freiwillige am Päckli machen.
Gemeinsames Engagement
Die Aktion organisieren vier Schweizer Hilfswerke gemeinsam. Sie sammeln die Weihnachtspäckli und verfrachten sie in die Ukraine, nach Moldawien, Rumänien, Belarus (Weissrussland), Albanien, Bulgarien und in den Kosovo. Lokale Partnerinnen und Partner verteilen sie dort an bedürftige Kinder in Schulen und Heimen, verarmte Familien, Alleinerziehende, Pensionierte, Geflüchtete und Menschen mit Behinderungen.
Päckli für Erwachsene und Kinder
Voraussetzung für einen reibungslosen Transport und eine gerechte Verteilung sind Standardpäckli: In die Päckli für Erwachsene gehören vorwiegend Lebensmittel und Hygieneartikel, in diejenigen für Kinder Schulmaterial, Spielzeug, Hygieneartikel und Süssigkeiten. Die Liste mit dem vollständigen Inhalt findet man auf www.weihnachtspäckli.ch und auf den Flyern zur Aktion. Die Päcklimacher sollten sich genau an die Liste halten, damit die Päckli problemlos durch den Zoll gelangen und echte Bedürfnisse der Empfänger abdecken.
Ein Päckli schenkt Hoffnung und Weihnachtsfreude
Päcklimacher schenken mit ihrem Päckli einem bedürftigen Mitmenschen Hoffnung und Weihnachtsfreude! Rund 500 Sammelstellen in der ganzen Schweiz nehmen bis zum 25. November 2023 Päckli entgegen. Weitere Informationen gibt’s unter www.weihnachtspäckli.ch.
Koordinatorin für die Sammlung in Kerzers:
Mirjam Lehmann-Ritter, Fräschels, Tel. 031 755 40 93, mirjam-lehmann [at] bluewin.ch (mirjam-lehmann[at]bluewin[dot]ch).
Begegnungen bei der Päckliverteilung
Weihnachtswunder in der Ukraine
Begeistert fördert der 10-jährige Mykola Schulmaterial, Guetzli und Spielsachen aus seinem Päckli zutage: „Das ist das beste Geschenk, das ich je erhalten habe, sogar Schokolade ist drin! Ich bin so glücklich und dankbar. Ich habe von einem Wunder geträumt – und es ist geschehen!“ Als er sich etwas beruhigt hat, meint er nachdenklich: „An dieses Weihnachtspäckli werde ich mich für immer erinnern, weil ich es während dem Krieg erhalten habe. Mama und Papa können uns Kindern keine Süssigkeiten mehr kaufen.“
Stockend und mit Tränen in den Augen beginnt Mykolas Mutter zu erzählen: „Zum ersten Mal im Leben sind mein Mann und ich auf Unterstützung angewiesen. Wir können unsere vier Kinder nicht mehr ernähren. In unserem Heimatdorf in der Nähe von Melitopol bewirtschafteten wir zusammen mit meinen Eltern einen kleinen Hof. Mein Mann arbeitete auf dem Bau und ich führte eine kleine Zahnarztpraxis. Es ging uns sehr gut. Dann begann der Krieg. Am 24. Februar 2022 weckten uns Flugzeuge, Hubschrauber und laute Detonationen. Die Kämpfe kamen näher, also packten wir am gleichen Abend die Kinder und das Nötigste ins Auto und fuhren los. Eine Militärkontrolle hielt uns auf, liess uns 10 Stunden im Auto warten. Niemand erklärte uns, warum. Schliesslich kehrten wir um. Unser Dorf war mittlerweile von der russischen Armee eingenommen worden. Sie kontrollierten sämtliche Autos. Ich schaute zu meinen Kindern und sah ihre vor Angst weit aufgerissenen Augen: Ein junger russischer Soldat kniete sich hin und zielte mit einer Panzerfaust auf uns. „Das war's, unser Leben ist vorbei“, dachte ich. „Gut, dass unser Jüngster erschöpft in meinen Armen schläft. Wenigstens stirbt er friedlich, ohne Panik und Tränen.“ In diesem Moment sprang ein älterer Soldat aus dem Graben. Er stellte sich vor unser Auto, schrie den Schützen an und erlaubte uns, ins Dorf zu fahren. Wir konnten kaum glauben, dass wir noch lebten und dankten Gott von ganzem Herzen. Unser Haus war in den 14 Stunden unserer Abwesenheit von mehreren Granaten schwer beschädigt worden. Drei Monate lebten wir im einzigen noch bewohnbaren Zimmer. Als die Kämpfe und der Beschuss unerträglich wurden, flohen wir erneut.
Jetzt leben wir als Flüchtlinge im Westen des Landes. Die Mieten sind sehr teuer hier. Mein Mann und ich haben zwar Arbeit gefunden, aber unsere Löhne reichen nirgends hin und unsere Ersparnisse sind aufgebraucht. Wir wünschen uns Frieden und möchten alle nach Hause zurückkehren. Wir wissen nicht, wie es weitergeht. Der Krieg hat uns in die Knie gezwungen. Aber es gibt Hoffnung! Gott hat Sie mit diesen wunderbaren Weihnachtspäckli zu uns geschickt. Danke für die Kostbarkeiten und die Freude, die Sie damit unseren Söhnen und uns schenken. Und Danke für Ihr Mitgefühl und Ihr Mittragen – das bedeutet mir viel.“
Grosses Staunen in Moldawien
Sorgfältig schneidet Pastor Vasile das schöne Kalenderblatt aus, das auf Veras Weihnachtspäckli klebt. Er hat der gebrechlichen, 85-jährigen Witwe ein Päckli aus der Schweiz gebracht und hilft ihr jetzt beim Auspacken. Vera kann kaum fassen, wie ihr geschieht: „Zum ersten Mal im Leben erhalte ich ein solches Weihnachtsgeschenk! Für mich ist das ein Wunder: In einem weit entfernten Land, gibt es Menschen mit weiten und freundlichen Herzen. Sie haben Geld, Energie und Zeit eingesetzt, um für mich ein Päckli zu packen und es hierher nach Moldawien zu schicken. Vielen Dank!“
Beim Auspacken beginnt Vera von ihrer ärmlichen, aber glücklichen Kindheit zu berichten. Sie und ihre sechs Geschwister halfen von klein auf den Eltern bei der Arbeit auf der Kolchose. Am Tag nach Abschluss des siebten Schuljahres begannen Vera und ihre zwei Freundinnen im Steinbruch zu arbeiteten: „Wir mussten Steine sammeln, in Waggons verladen und diese zur Entladestelle schieben, täglich 18 Tonnen. Und stets haben wir unser Pensum erfüllt – wir Mädchen waren zwar jung, aber zäh. So erhielten wir Belohnungen und mit zwanzig Jahren wurde ich dazu befördert, die Waage zu bedienen.
Dort lernte ich meinen Mann, einen LKW-Fahrer, kennen. Gemeinsam zogen wir zwei Töchter und einen Sohn auf. Bis zur Pensionierung arbeiteten wir beide. 2010 starb mein Mann, seither lebe ich allein in diesem alten Häuschen. Zu meinen Kindern in die Stadt ziehen will ich nicht, sie kommen selber kaum durch. Und weil keines von ihnen ein Auto besitzt, können sie mich nur selten besuchen. Eine Tochter ist an Krebs erkrankt. Meine monatliche Rente von 100 Franken reicht knapp, um die benötigten Medikamente und etwas Brennholz für den Winter zu besorgen. Nie hätte ich gedacht, dass ich nach meinem glücklichen Leben mit vielen Freunden und Auszeichnungen für die körperlich harte Arbeit im sozialistischen System als alte Frau eine Belastung für die Gesellschaft und abhängig von Hilfe sein werde. Das macht mich traurig.
Und nun kommen Sie und bringen mir ein Weihnachtspäckli! Das freut mich so sehr. Und es zeigt mir, dass Gott mich liebt und dass er mich nicht vergessen hat. In den nächsten Wochen muss ich mir keine Sorgen um meinen Lebensunterhalt machen. Absolut alles im Päckli macht mich glücklich: die Lebensmittel, Tee und Kaffee, den ich so gern trinke, Biskuits, Schokolade, Seife, Shampoo und sogar eine warme Mütze, ein Schal und Socken! Ich danke Ihnen von ganzem Herzen, dass Sie mich mit einem solch wertvollen Geschenk überrascht haben.“